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Fünf Prinzipien um einfacher erfolgreich zu sein - Systeme statt Motivation

  • Autorenbild: Daniel H. J. Kern
    Daniel H. J. Kern
  • vor 6 Stunden
  • 5 Min. Lesezeit

Die meisten von uns denken, Erfolg hängt von Disziplin oder langen Arbeitszeiten ab. Und ja, sicher bringen sie einen weit. Aber seien wir ehrlich: Bei aller Strenge und Anstrengung bleiben Dinge liegen, schieben wir Angelegenheiten vor uns her, gibt es das für immer unaufgeräumte Zimmer. Was, wenn es dafür Systeme gibt, die die Überzeugungsarbeit für dich übernehmen?


Anstatt hier Motivationssätze vom Kalenderblatt zu verbreiten, teile ich fünf Prinzipien als Inspiration, die die Chancen massiv erhöhen, die Dinge zu erledigen, die Du bisher erfolgreich vermieden hast.


Prinzip 1 – Sich selbst in die Enge treiben (kein Plan B)

Du lässt dir keine andere Wahl. Im Jahr 1519 landete der spanische Konquistador Hernán Cortés mit nur wenigen hundert Mann an den Küsten Mexikos. Sie waren dort, um das Aztekenreich zu erobern aka zu plündern. Sie waren zahlenmässig unterlegen, in einem unbekannten Land und standen vor schier unmöglichen Herausforderungen. Rate mal, was er tat, um sicherzustellen, dass seine Truppen keine andere Wahl hatten, als voranzugehen? Cortés befahl ihnen, ihre Schiffe zu versenken. Es gab kein Zurück, keinen Rückzug, keine Kapitulation. Genau das verlangt dieses Handlungsprinzip; denn wenn man keinen Plan B hat, findet man einen Weg, Plan A zum Funktionieren zu bringen.


Im Verhaltensdesign werden diese Methoden Forcing Functions genannt: Die Einschränkungen, die einen in die Enge treiben und zum Wachstum zwingen.


Hier sind die vier Methoden, die Du für sich selbst nutzen kannst. Nein, Du brauchst nichts plündern, versenken oder verbrennen.


  1. Öffentliche Verpflichtung: Erzähle den Leuten, was Du tun wirst; kündige es an. Sozialer Druck ist einer der ältesten Motivatoren.

  2. Finanzieller Einsatz: Zahle ein, bevor Du dich bereit fühlst. Etwa Geld für die Mitgliedschaft im Fitnessstudio oder für eine Weiterbildung. Oder die teure Unternehmensakquise; sie muss zum Erfolg führen.

  3. Zugang kappen: Lösche Apps und blockiere Seiten, die dich ablenken. Wenn Dinge, die dich ablenken, nicht leicht verfügbar sind, wird dies selbst zu einer Methode.

  4. Zeitrahmen festlegen (Time box): Gib jeder Aufgabe ein striktes Zeitfenster. Zum Beispiel 90 Minuten für XY. Und bring in dieser Zeit etwas zustande.


Prinzip 2 – Willenskraft ist endlich (Die Biologie nutzen)

Wenn Rückzug keine Option ist, werden schwierige Dinge, die zuerst nicht zu schaffen schienen, unvermeidlich. Das lässt dich die allgemeineste Ausrede überwinden, warum man nicht konsequent bleiben kann. Genau da kommt Prinzip Nummer zwei ins Spiel: Es ist die Willenskraft.


Wir fühlen uns als Versager, wenn wir unsere Listen nicht abarbeiten und erledigen. Aber so funktioniert nun mal unser Gehirn. Ein führender Forscher in diesem Bereich, Roy Baumeister (1), führte eine Studie durch, die die Vorstellung von Disziplin auf den Kopf stellte. Baumeisters Forschung legte den Grundstein für das Verständnis von Selbstkontrolle als eine zentrale psychologische Ressource. Die Studie vereinfacht: Er bot Probanden Schokolade an und sagte der Hälfte, sie sollten widerstehen. Später bekamen beide Gruppen unmöglich zu lösende Rätsel. Diejenigen, die widerstanden hatten, Schokolade zu essen, gaben bei den Rätseln 50% schneller auf.


Unsere Willenskraft ist nicht unendlich; sie ist wie ein Treibstofftank, der durch jede Entscheidung und jede Ablenkung entleert wird. Mangelnde Willenskraft ist kein Zeichen von Scheitern oder Schwäche – es ist einfach Biologie. Richter in den USA zum Beispiel, verweigern am Nachmittag häufiger Bewährung als am Morgen, da ihr mentaler Treibstoff zur Neige geht.


Ein weiteres Beispiel: Noah Lyles. Der schnellste Mann der Welt, jagt nicht der Willenskraft hinterher; er konstruiert sie. Er vertraut seinem inneren Rhythmus: Sechs Tage die Woche, dieselbe Bahn, dieselbe Playlist, dasselbe Aufwärmen, dieselben Körperbewegungen. Er nutzt die Biologie.


Nutze dieselbe Logik zu deinem Vorteil: Wähle eine Aufgabe und fixiere die drei Variablen: Zeit, Ort und Auslöser (Trigger). Wenn Du dich zu solchen Rhythmen zwingst, musst Du dich weniger auf Willenskraft verlassen, da Du in den Autopiloten wechselst.


Prinzip 3: Der mentale Algorithmus (Wenn-Dann-Pläne)

Anstatt sich auf Willenskraft zu verlassen, kannst Du deinen mentalen Algorithmus nutzen. Der Psychologe, Peter Gollwitzer (2), untersuchte Studierende und teilte sie in zwei Gruppen: Die eine setzte Ziele („Ich möchte mehr trainieren“), die andere nutzte einen Wenn-Dann-Plan: „Wenn es Montag um 7 Uhr morgens ist, dann bin ich im Fitnessstudio“. Die Zielsetzer scheiterten 62% der Zeit, aber die Wenn-Dann-Planer scheiterten nur 9% der Zeit. Oder waren zu 91% erfolgreich.


Wir vermeiden schwierige Dinge, weil wir die damit verbundene Emotion vermeiden wollen: Frustration, Zweifel, Unbehagen. Das Gehirn fängt an zu feilschen. Die Lösung: Führe den mentalen Algorithmus aus. Der Wenn-Dann-Algorithmus hilft dir, emotionale Feilschereien als Datensignale zu sehen. Du nimmst das Drama und die Debatte raus.


Prinzip 4 – Entscheidungen auslagern (Checklisten)

Selbst nach diesen erfolgsversprechenden Systemen gibt es einen weiteren, entscheidenden Schritt: Source deine Entscheidungen aus.


Der Chirurg Atul Gawande (3) untersuchte Operationsfehler und stellte fest, dass Weltklasse-Chirurgen und Chirurginnen viele vermeidbare Fehler machten, weil ihre Leistung unter Druck ungleichmässig war. Er arbeitete mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammen und sie entwickelten eine 19-Schritte-Operations-Checkliste. Diese enthält elementare Dinge, wie die Bestätigung der Patientenidentität und die Markierung des richtigen Beins.


Als die Krankenhäuser dieses sehr einfache System von Checklisten umsetzten, sanken die postoperativen Komplikationen um 36% und die Todesfälle um 47%. Dies geschah mit denselben Chirurgen und Chirurginnen und denselben Fähigkeiten, nur die Checkliste diente als Sicherheitsnetz bei hoher kognitiver Belastung.


Das Paradoxon ist: Je besser Du darin wirst, etwas zu meistern, desto stärker musst Du dich auf strukturierte Systeme verlassen. Checklisten sind für Experten und Expertinnen, die schwierige Dinge tun. Piloten und Pilotinnen mit 10.000 Flugstunden lesen bei jedem Flug die Checkliste, nicht weil sie das Fliegen vergessen hätten, sondern weil sie ihrem eigenen Gedächtnis unter Druck nicht vertrauen.


Drei in unserem Kontext hilfreiche Checklisten sind:

  1. To-do-Liste: Für die Ausführung (Execution).

  2. To-want-Liste: Für die Expansion.

  3. To-be-Liste: Für die persönliche Entwicklung.


Prinzip 5 – Zum System werden (Wiederholung treibt Motivation)

Was passiert, wenn dein Gehirn versucht, das System ganz zu umgehen? Das bringt uns zu Prinzip Nummer fünf: Du wirst zum System. Ja, ich weiss, das klingt furchtbar. Aber wart, das meint was Gutes.


Harvard-Forscher (4) scannten die Gehirne tibetischer Mönche während der Meditation und stellten fest, dass ihre Gehirnwellen über alle Individuen hinweg perfekt synchronisiert waren. Dies geschah nicht durch Motivation, sondern weil sich ihr Nervensystem im Laufe der Zeit durch jahrelange Wiederholung zu diesem Muster entwickelt hatte.


Das Geheimnis dieser Mönche ist: Motivation treibt nicht die Wiederholung an, Wiederholung treibt die Motivation an. Wenn dein Gehirn die Kadenz vorhersagen kann, beginnt es, den Auslöser zu begehren. Mit der Zeit beginnt deine Biologie, dich vorwärts zu ziehen.


Wenn Du einer Spitzensportlerin oder einem Spitzensportler zuschaust, scheint es oft spielerisch und mühelos. Aber dahinter stecken Tausende von Wiederholungen über zahllose Jahre. Sobald das Muster die Oberhand gewinnt, hört dein Gehirn auf, die Belohnung zu jagen. Es beginnt, die Wiederholung selbst zu begehren.


Entwirf zum Versuch eine winzige Regel, die deinen Morgen positiv verändert. Zieh das eine sinnvolle Zeit durch und Du wirst überraschst sein, wie einfach es sein kann. Baue die richtigen Systeme, und diese Systeme werden das Richtige in dir aufbauen.


Fazit

Erfolg ist weniger eine Frage von Motivation und Disziplin, als wir glauben – er ist das Ergebnis durchdachter Systeme. Wenn wir uns selbst einschränken, unsere Biologie ernst nehmen, mentale Algorithmen nutzen, Entscheidungen auslagern und schliesslich durch Wiederholung selbst zum unterstützenden System werden, verschieben wir unsere Grenzen. Systeme tragen uns, wenn Motivation versagt; sie verwandeln schwierige Dinge in machbare Routinen und entlasten unseren Geist. Am Ende entsteht Erfolg nicht durch den Kraftakt, sondern durch Struktur. Wer seine Systeme verbessert, verbessert sein Leben.



Quellen:

1) Baumeister, Roy F., Muraven, Mark, & Tice, Dianne M. (1998). The strength model of self-control. Journal of Personality and Social Psychology, 74(2), 362–372. (Journal of Personality and Social Psychology).


2) G. Oettingen, M. Wittchen, P. M. Gollwitzer: Regulating goal pursuit through mental contrasting with implementation intentions. In: A. E. Locke, G. Latham (Hrsg.): New developments in goal setting and task performance. Routledge, New York, NY 2013, S. 523–565.


3) “The Checklist Manifesto”, Atul Gawande, Metropolitan Books 2009, ISBN 0805091742


4) Wolf Singer, Matthieu Ricard: Hirnforschung und Meditation. Ein Dialog. Broschiert, 133 Seiten. Verlag: Suhrkamp. Reihe: Edition Unseld. Mai 2008. Neuauflage: 12. November 2008. ISBN-10: 3518260049ISBN-13: 978-3518260043




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